3
Jul
2008

Monkey Team! Assemble!

Heute abend bin ich mal wieder in mein Kellerabteil gegangen, in dem ich meine zwanzig illegal aus Afrika importierten Affen unendlich lange auf Schreibmaschinen tippen lasse. Ich weiß, ich weiß, sie tippen jetzt gerade erst zwei Wochen, also nicht gerade unendlich lange, aber ich habe das verdammte Gefühl, daß bisher nichtmal eine gottverdammte Zeile Shakespeare dabei rumgekommen ist. Keine! Zeile! Kein "Armer Yorrick"! Und kein "Etwas ist faul im Staate Dänemark."

Langsam glaube ich, diese Affen waren eine verdammte Fehlinvestition. Dabei müßten die sich doch langsam mal ranhalten, wenn sie das noch schaffen wollen. Shakespeare hat ja nicht gerade ein kleines Gesamtwerk vorzuweisen. Okay, okay, als ich nach drei Tagen mal reingeschaut hatte, hatte ein Affe bereits einige alte Grisham-Bücher verfaßt, Die Akte und Die Jury, oder so, aber die hatte ich ja auch schon beide gelesen und außerdem, Grisham ist ja keine Kunst. Da hätte ich mir auch Ameisenbären kaufen können, die wären günstiger gewesen.

Aber jetzt schreiben die Viecher halt schon zwei Wochen und bei der letzten Kontrolle habe ich lediglich folgenden Text aus einer der Schreibmaschinen entziffern können:
"In Front des schon seit Kurfürst Georg Wilhelm von der Familie von Briest bewohnten Herrenhauses zu Hohen-Cremmen fiel heller Sonnenschein auf die mittagsstille Dorfstraße, während nach der Park- und Gartenseite hin ein rechtwinklig angebauter Seitenflügel einen breiten Schatten erst auf einen weiß und grün quadrierten Fliesengang und dann über diesen hinaus auf ein großes, in seiner Mitte mit einer Sonnenuhr und an seinem Rande mit Canna indica und Rhabarberstauden besetzten Rondell warf."
Dumme Viecher. Shakespeare? Von wegen. Muß ich wohl doch zur Bücherei.

1
Mai
2008

Der kann doch nix dafür, daß der so heißt.

Dass (fast) alle Koreaner Park mit Nachnamen heißen, ist sicherlich keine so superdolle und erst recht nicht neue Info für den Leser.
Wenn aber ein amerikanischer Freund mir von seinem koreanischen Immigrantenfreund der dritten Generation erzählt, dem seine Eltern einen amerikanischen, zukunftssicheren und einen koreanischen, traditionellen Vornamen verpaßt haben, dann muß ich doch immer wieder schmunzeln, wenn ich den Namen höre, obwohl ich ja nichtmal aus dem Ruhrgebiet komme. Der heißt nämlich: Wes Fahn Park.

14
Nov
2007

Nur zur Klarstellung: Das war ein gewaltiger Platzregen, kein Niesel.

Ich hab bei dem Regen meinen Regenschirm bei der Arbeit vergessen und hangle mich heute mittag von Dachvorsprung zu Dachvorsprung, immer ganz nah an der Häuserwand entlang. Mir entgegenkommend: Drei Damen um die fuffzig mit ihren bunten Schirmen aufgeklappt im Gänsemarsch hintereinander, sich schreiend untereinander verständigend, unterhaltend, ebenfalls, trotz verfügbaren Schirmschutzes, den schmalen, relativ trockenen Streifen vor den Häusern benutzend.
Wir bewegen uns aufeinander zu und ich denke, daß die Beschirmten sicherlich einen Bogen um mich schon leicht angenäßtes Etwas machen werden, bevor es zur Kollision kommt. Es kommt nicht. Aber nur weil ich und die "gegnerische" Partei kurz voreinander stoppen. Die Dame an der Spitze der Polonäse:

"Da müssen Sie schon um uns herum gehen, junger Mann."
Ich: "Ich will aber nicht nass werden."
Sie: "Wir doch auch nicht."
Ich: (mit verzweifelt hoher, quietschender Stimme) "Aber Sie haben doch Schirme."
Sie: "Na und?"
(Pause. Was soll man darauf auch noch antworten? Auf einer argumentativ logischen Ebene, meine ich...Ich blickte sie nur an, und mußte das erstmal verarbeiten, was hier gerade passierte.)
Sie: "Sie sind doch noch jung, der Regen bringt sie schon nicht um."

Sie schiebt sich mit leichtem Druck zwischen mich und die Häuserwand, Schirm immer noch geöffnet über ihrem Kopf, die Speichen bedrohlich nah an meinem Kopf ich muß ausweichen, wenn ich mein Augenlicht behalten will.
Nachdem alle drei vorbei sind, typisch dreckiges Armleuchtergelächter. Naja, Kavalier bin ich wahrscheinlich wirklich nicht.

5
Nov
2007

Fehler beim Seitenaufbau

Ich lese im Moment die Tagebücher von Max Frisch und bin begeistert, wie sehr die politische Haltung meines Lieblingsautors mit meiner korrelliert. Und dabei wußte ich das damals noch gar nicht, als ich Homo Faber und Stiller gelesen habe, Biedermann und die Brandstifter und Andorra im Theater gesehen habe.

Beim Lesen bin ich auch überrascht, daß sich Geschichte doch immer und immer zu wiederholen scheint. Im Jahr 1968 schreibt Frisch von friedlichen Demonstrationen in Zürich, die eskalierten, weil man einfach ein Polizeiaufgebot aufgefahren hatte, daß von vornhinein klar machte, wer hier notfalls mit Gewalt seinen Herrschaftsanspruch durchzusetzen gedenkt.

Frisch schreibt: Daß ein Unterschied zwischen Demokratie und Totalitarismus oft nur sei, daß die herrschende Klasse (welcher Art und Legitimation auch immer) in der einen im Gegensatz zur anderen Form Protest zwar zulasse, diesen aber trotzdem immer ignoriere, notfalls mit Staatsgewalt eindämme. Jeder herrschende Klasse sei nämlich immer nur an der Festzementierung des momentanen Status Quo gelegen. Und deswegen gehe Veränderung zum Positiven aus seiner eigenen geschichtlichen Erfahrung niemals über friedlichen Protest und das anschließende Hoffen auf die Einsicht derjenigen, an die der Protest sich gerichtet hat. Frisch hatte zu dem Zeitpunkt natürlich noch nicht den Fall der Mauer erlebt.

Mitten im Tagebuch dann Ernüchterung: Der Verlag hat mir die Seiten 210 bis 230 freundlicherweise durch eine Sicherheitskopie der Seiten 190 bis 209 ersetzt, die ich gerade schon gelesen hatte. Doppelt gemoppelt hält besser? Hmmm. Das Ersatzexemplar meiner Buchhändlerin hatte dann das gleiche Problem. Ich will weiterlesen, will aber auch nicht die fehlenden zwanzig Seiten erstmal überspringen und dann zurückkehren. Ich bin eher der sequentielle als der Random Access-Leser.
Jetzt sitze ich hier und harre einer korrekt beseiteten Ersatzausgabe, damit ich endlich erfahre, wie es Frisch 1969 ergangen ist....

10
Okt
2007

Deutsch stirbt aus. Oder: "Bad Metaphor Day"

Der Spiegel hatte letzte Woche irgendwas über das aussterbende Deutsch auf dem Titel und ich bin zwiegespalten. Einerseits liebe ich diese Sprache sehr, so daß ich rufen will: "Oh yeah, damn right, Spiegel, das geht ja gar nicht mehr an, wie heutzutage die deutsche Sprache verhunzt wird." Und andererseits will ich im täglichen Umgang gar nicht so eloquent klingen müssen, wie es mir die wunderbaren Konjunktive, Plusquamperfekte, relativen Nebensätze, substantivierten Verben und Genitive erlaubten.

Allerdings bin ich froh, daß ich sie jederzeit anwenden kann, wenn die entsprechende Gelegenheit sich böte. Ich bin sozusagen zweisprachig unterwegs. Classic German und German - The Remix. Das muß halt der jeweiligen Veranstaltung angepaßt werden. Wichtig ist nur und auch in Zukunft, daß man auch beide Platten in der Sammlung hat. Und die klassische Scheibe nicht wegschmeißt, weil man letztens ja eh nur Hiphop gehört hat. Yo!

23
Aug
2007

Erinnerung zweiter Klasse

Die Japaner sind diejenigen, die das Konzept ganz roh und ohne lästige Schnörkel angehen: Man stellt sich vor die Sehenswürdigkeit, Hände an die Hosennnaht, lächeln, Fotoapparat macht Knipsgeräusch, das Ding ist im Kasten. Japaner kommen einem dabei immer sehr gehetzt vor. Sie haben nur eine Woche Zeit für möglichst viele Sehenswürdigkeiten, vor die sie sich alle Stellen müssen und dann geht's wieder zurück. Wie Urlaub hört sich das nicht gerade an. Aber eine Erinnerung scheint nichts Wert zu sein, wenn sie nicht mit Bildmaterial unterfüttert werden kann.

Hier bei uns lernt man das Konzept langsam auch. Früher war Film und Entwicklung noch teuer und man mußte zwangsläufig wählen, welche Erinnerungen man für später konservieren wollte. Heute wird alles konserviert. Frei nach dem Motto: Eine nur im Gehirn konservierte Erinnerung ist eine Erinnerung zweiter Klasse.

Bei einem Konzert kann man es sehen. All die Leute die von jedem Musiker auf der Bühne, jedem Instrument, zu jedem gespielten Song mindestens ein Foto anfertigen müssen. Und einen Mini-Film. Könnte man die eigenen Gefühle fotografieren, so würde man dies noch zusätzlich tun, um felsenfest und geschichtlich das ganze Event lückenlos und unbestreitbar dokumentieren zu können.

Ein weiterer Hit der heutigen Erinnerungsfotografie ist das Gruppenbild "Zwei oder drei Freunde mit Bierflaschen". Gerne in gehäufter, collagierter Fassung im Wohnungsflur zu finden, an einer Pinnwand, als echte Collage - ein Geburtstagsgeschenk, überschrieben mit "BFF - Best Friends Forever", von der Clique. Die Fotos umfassen immer die gleiche Gruppe von Menschen, in allen möglichen Zweierkombinationen gepaart, wobei mindestens einer von beiden eine Bierflasche in der Hand hält. Beide grinsen überdreht, der Blitz macht die Haut speckig, im Hintergrund Diskodunkelheit mit Farbspritzern der Scheinwerfer oder Draußendunkelheit mit verwaschenen Kneipenleuchtreklamen.

Dieser neue Typus Bild ist mir ein Phänomen. Er soll häufig die eigene Erinnerung ersetzen, verstärken, als Beweis gelten, wo eigentlich nichts bewiesen zu werden bräuchte. Er soll Gruppenzusammengehörigkeit demonstrieren und, indem sowas im Flur aufgehängt wird, zeigen, daß man in der heutigen schnellebigen Zeit ein wertvolles Gut besitzt: Freunde (Auch wenn die Bilder nur Beweisen, daß man Leute kennt, mit denen man offensichtlich regelmäßig saufen geht - aber das ist eine andere Geschichte).

Im Endeffekt sind riesige Fotosammlungen, je länger ich drüber nachdenke, also nur das eine: Ein Statussymbol. Denn in einer Welt, in der man seinen Status nicht nur aus Dinglichem, sondern vor allem auch aus schwer Greifbarem, wie Abenteuerurlauben, sonstigen Erlebnissen und der Anzahl von sozialen Kontakten, definiert, muß es die Möglichkeit geben, den Anspruch, den man auf einen Status erhebt, auch zu untermauern.

9
Jan
2007

Großer Party-Location Test: "Mir zu Hause"

Also die Party gestern bei "Mir zu Hause", die war schon gelungen. Es gab keinen Türsteher und die Tür war zu. Davon habe ich mich aber nicht einschüchtern lassen. Ich hab dann einfach meinen Schlüssel ins Türschloß gesteckt und durch mehrmaliges Drehen zu erkennen gegeben, daß ich gerne reinmöchte und was soll ich sagen, die Tür ist einfach aufgegangen.

Drinnen dann alles dunkel, n bißchen gruselig, aber mann kann durch Drücken von so Schaltern an der Wand auch partiell Licht in der Location machen. Das Essen war im Eintritt inbegriffen und man mußte auch gar nicht anstehen, die hatten da so einen Buffet-Bereich, da öffnet man einfach so einen Schrank, da drin ist es kalt und da sind so Dinge drin, aus denen man sich selbst was tolles zu Essen zaubern kann. Getränke auch.

Statt Massenrumgeschiebe komfortable Bewegungsfreiheit, was natürlich auch der cleveren Einlaßkennung mittels des Schlüssels zu verdanken ist. Hier wird darauf geachtet, daß nicht jeder reinkommt.

Ich habe mich dann den Rest des abends entspannt im Lounge-Bereich aufgehalten, wo sich nichtmal jemand daran gestört hat, daß ich im Laufe des abends meine Bekleidung abwarf und nur noch in Unterwäsche chillte. Vielmehr waren noch tolle Videoinstallationen auf der dafür ein wenig kleinformatigen Anlage zu bewundern ("Dr. House"-Musik, etc.). Später am abend auch Frivoles (Sexy Sport Clips).

Die sanitären Einrichtungen waren nicht überdurchschnittlich gepflegt, was ein kleiner Minuspunkt war. Auch, daß ich anschließend doch wieder alleine ins Bett kriechen mußte, schlägt negativ zu Buche. Positiv ist allerdings, daß ich mich kaum an den Weg ins Bett erinnern kann. Eine lange Heimreise scheint es jedenfalls nicht gewesen zu sein.

Heute morgen dann mit pelzigem Gefühl auf der Zunge aufgewacht. Vielleicht sollte das Gesundheitsamt doch mal die Küche überprüfen. Ansonsten ziemlich nett. Kann ich weiterempfehlen.

26
Okt
2006

Aber ne Stadthalle gibt's dort sicher auch, oder?

A: "Verdammt wer soll denn diese Handschrift entziffern können. Wo soll ich hin? Stadthalle, Saal E? Welche verdammte Stadthalle denn? Saal E? Hä?"

B: "Laß mal sehen. Ach Mensch, da steht Stadt Halle, Saale."

22
Sep
2006

Der Besuch aus den USA (2)

"I don't know," jammerte er beim obligatorischen Besuch eines Brauhauses, während er sein Kölsch trank. "Ich habe schon Pils und Kolsch probiert. Aber schmeckt alles nicht so gut, wie zu Hause in Oregon."

Dann, lauter: "At home they brew this very good flavored beer. Chocolate flavored beer, strawberry flavored beer, Vanilla, ..."

Ich hielt ihm den Mund zu und schaute mich verstohlen im Gastraum um. Hatte ihn vielleicht sogar ein Köbes gehört? Dann erklärte ich ihm geduldig das Reinheitsgebot und daß es hier den gleichen Stellenwert besitze wie das Grundgesetz. Das machte ihn aber nur so lange traurig, bis er erfuhr, daß es in der Kneipe nebenan Bananenweizen gab.
-----

21
Sep
2006

Der Besuch aus den USA

"Ich kann es einfach nicht verstehen", sagte er mit breitem amerikanischen Akzent, aber sehr guter Wortwahl. "Bei uns ist so ein Mercedes ein big Statussymbol und hier fahren sogar die fucking Garbage-Trucks with dem Stern vorne drauf. You people must be truly the richest people of the world."

31
Jul
2006

Kazanga Puff Puff

Wenn Menschen sich in riesengroßen Massen versammeln, um einem Großereignis beizuwohnen, bin ich grundsätzlich mißtrauisch. Warum finden das alle so toll? Wieso müssen sich das so viele anschauen?

Mein erster Instinkt ist dann immer: weglaufen. Ich kann solche Ansammlungen nicht leiden. Mein bisheriges Leben hat mich außerdem gelehrt, daß ich gut daran tue, das, was die Masse bevorzugt, für mich persönlich zu meiden. Ich meide die Bild, schaue nicht gerne Hollywood-Blockbuster (außer sie sind mit Kevin Spacey). Mein Musikgeschmack bewegt sich in einem Bereich, in dem ich für eine Konzertkarte nur sehr selten mehr als 30 Euro ausgeben muß. "Nothing Is Any Good If Other People Like It" habe ich mal bei Richard Stevens gelesen und gelacht. Leider ist das nicht ganz unwahr. Ich tendiere zu dieser Art des Gutfindens.

Manchmal finde ich das aber doof von mir. Vielleicht verpasse ich ja doch was? Irgendwas muß an den Kölner Lichtern ja dransein, daß sich Trilliarden von Menschen in die Altstadt zwängen, um eine halbe Stunde Kazanga Puff Puff zu sehen und sich anschließend kollektiv am Kölner Hauptbahnhof in die nächste RE-5 zu drücken. "Wir fahren mim Doppeldecker, komm. Nich mitte S-Bahn." sagen dann die Leute, die sonst niemals Zug fahren. Und ihre Begleitung antwortet dann immer mit: "Aber wir setzen uns oben, ne?"

Ich: mich also auch in die Innenstadt bewegt. Ma gucken. Jaha, von wegen. Das muß alles super geplant sein. Jeder Stein jedes Stückchen Land zwischen den Kölner Rheinbrücken ist bereits belegt. Mit Menschen, stehend, auf Hockern, auf Camping-Stühlen, Leitern und Isomatten, mit Grills, Zelten, Sonnenschirmen, Stativen und Bierkästen. Mittels eines komplexen Kompressionsalgorithmus schaffe ich es allerdings, mich auf der Deutzer Seite in die Menge hineinzumergen, zu etablieren, zu updaten. Dann warten. Dunkelheit. Lichter. Kölner Lichter. Schiffe, Boote, riesiges Kablooie und KAZONGO und Oh! und Ah! und Schöööööön! und dann ist alles vorbei und die gefühlte komplette Weltbevölkerung strömt plötzlich nach Hause. Ich geh zu Fuß.

Nächstes Mal lieber wieder zu einem von David Poes Minikonzerten gehen, weil den armen Kerl niemand kennt. Obwohl Herr Poe sicherlich hofft, daß sich das irgendwann mal ändert, hoffe ich das nicht.
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